WANTED: GEDULD !!

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WANTED: GEDULD !! wurde erstellt von Vicky

10 Mai 2013 17:57
#1
....denn daran scheint es zu mangeln. Vielleicht mangelt es auch an Zeit, Verständnis, Empathie und Durchhaltevermögen.

Jüngst vermittelte (Labor-, Auslands- oder Vermehrer-)Hunde fangen urplötzlich an zu beißen.
Sie möchten einfach nicht allein bleiben.
Sie schaffen es trotz beharrlicher Aufforderung nicht innerhalb einer Woche, endlich stubenrein zu sein.
Sie verfallen nicht innerhalb weniger Tage in unsterbliche Liebe und immerwährende Dankbarkeit zu ihrem neuen Herrchen/Frauchen.
Sie sind nicht in der Lage, ihre Vergangenheit pünktlich mit dem Zeitpunkt der Vermittlung abzustreifen.
Sie sind AUCH nach ZEHN TAGEN noch ängstlich und möchten nicht mit spazierengehen. Die große weite Welt außerhalb des Labor-, Tierheim-, Zwingertores interessiert sie nicht die Bohne.
Sie sorgen überhaupt nicht für Spaß. Höchstens für Unverständnis, und Unmut. Womöglich haben sie sogar noch Adaptionsschwierigkeiten, die sich in körperlichem Unwohlsein (z.B.Durchfall, Freßunlust, Unruhe.....) äußern.
Oder das andere Extrem: sie sind ZU WENIG ängstlich. Sie benehmen sich wie junge Hunde, anstrengend und fordernd sind sie, völlig unerwartet, möchten nachholen, was bisher fehlte in ihrem Hundeleben.

Es gibt sicher noch mehr Beispiele für labortierischen Ungehorsam, der Knackpunkt ist: der neue Hund verhält sich nicht planmäßig. Er funktioniert nicht. Zumindest nicht so, wie vom Neu-Besitzer vorgesehen. Vielleicht stimmt auch die Chemie zwischen Hund und Halter einfach nicht, aber es passiert nach (sehr kurzer) Zeit folgendes:
DER HUND MUSS WIEDER WEG.
Der Hund soll wieder ausziehen. Es folgt ein Anruf an die Laborbeaglehilfe, in etwa wird der Tenor dieser sein: der Hund passt hier nicht hin, holt ihn wieder ab. Bald.
Am besten gestern, bitte.

Solches passiert "uns" in letzter Zeit leider oft.

Und häufig ist es so, dass von Beißvorfällen die Rede ist, von gravierend auffälligem Verhalten - das aber dann, sobald der Hund woanders untergebracht wird (nicht selten in einer nervenaufreibenden Nacht-und-Nebel-Aktion - auch bei mir stand schon mal abends um 10 der neue Pflegehund, der plötzlich völlig unerziehbar geworden war, vor der Tür - ein TRAUM für alle Beteiligten!), nicht mehr auftritt.

- ???? -

Bitte, versteht mich hier nicht falsch. Beim Vermitteln geben sich die dafür zuständigen Teammitglieder alle erdenkliche Mühe, trotzdem geht manchmal etwas schief. Es gibt Dinge, die kann man auch beim sorgfältigsten Vorgehen nicht voraussehen.
Es gibt solche unglückseligen Verbindungen, und es gibt auch Beißvorfälle oder Hunde, die völlig außer Rand und Band geraten. MEISTENS gibt es dafür einen Grund, dem man, das nötige Interesse vorausgesetzt, auch auf die Spur kommen kann. Und mitunter lassen sich Probleme auch lösen!
Es gibt verantwortungsvolle Menschen, die, nachdem sie einen Hund aus dem Tierschutz übernommen haben, nach reiflicher Überlegung erkennen, dass sie sich überschätzt haben. Das ist okay und darf vorkommen. Die LBH bietet in solchen Fällen Hilfe an und nimmt das Tier ggf. auch zurück.

Der Grund dafür, dass mir hier leider der Kamm schwillt (und ich vermutlich gerade manchem auf den Schlips trete), ist folgender:

ZWEI Wochen (oder eine, oder auch vier) sind kein Maßstab, in welchem man einen Hund mit "Hypothek" beurteilen sollte. Ihr wißt selbst, dass manche unserer Ex-Labories sich sehr schnell und fasst übergangslos und ganz begeistert in ihr neues Leben stürzen. Andere brauchen dazu länger.
Warum, um Himmels willen, sind Menschen, die sich für Hunde einer Tierschutzorganisation interessieren, nicht bereit, sich ETWAS LÄNGER in Geduld zu üben? Gebt dem Tier Zeit!
Bitte: informiert Euch eingehend! Es kann alles unerwartet fantastisch klappen, es kann aber auch erst mal schwierig werden - oder komplett in die Hose gehen.

Wir haben einige Pflegehunde aufnehmen dürfen. Manche davon haben die ersten Wochen auf dem Sofa sitzend verbracht, mit großen Augen an die Wand starrend und auf die nächste Katastrophe wartend. Irgendwann war das vorbei und es konnte weitergehen. Das ist nicht erstmal nicht schön und macht vor allem Kindern keinen Spaß, ist aber umso lohnender, wenn man durchgehalten hat! Zusammen mit dem Hund, bestenfalls. Georgia hat bei uns ein halbes Jahr gebraucht, bis sie halbwegs ansprechbar war. Unser Mikey, der ex-Kettenhund, ist eine soziale Katastrophe mit Extrem-Jagdverhalten und noch dazu leinenaggressiv. Und Bibi....ach, lassen wir das.

Der traurigste "Rückläufer" in letzter Zeit ist Sammy.
Der hat bis zum letzten Moment warten müssen, dass er aus dem Labor darf. Sammy wurde schon vor seiner Entlassung als ängstlich und scheu beschrieben. Trotzdem fand er eine Familie, die ihn aufnahm.

Für ungefähr eine Woche.

Nach dieser einen Woche war Sammy immer noch ängstlich und scheu und erfüllte somit nicht die in ihn gesetzten, überzogenen Erwartungen. Spazierengehen wollte er auch nicht. Von heute auf morgen musste Sammy ausziehen.
Nach einem weiteren kurzen Zwischenstopp, bei dem die menschliche Bedürfniserfüllung auch nicht wie erwartet funktionierte, ist Sammy mittlerweile in einer verständnisvollen Pflegefamilie angekommen, und wahrscheinlich fängt er nur allmählich an, die Welt wieder zu verstehen.
Es wird nun eine Weile dauern, bis Sammy überhaupt wieder vermittelt wird, denn verständlicherweise darf so etwas nicht nochmal mit ihm passieren.

Ehrlich: möchte man die Menschen nicht packen und schütteln, bis alles wieder im Lot ist?! Kann man sich bitte, bitte, VORHER überlegen, was man sich zumuten will /darf?
Wenn ihr eure Kapazitäten (und die des Hundes) noch nicht einschätzen könnt: es gibt die Möglichkeit, einen Hund zunächst als Pflegehund, sehr gern mit Übernahmeoption, zu übernehmen. Da ist die Erwartungshaltung eine geringere. Die meisten Überraschungen sind aber zum Glück positiv, und eine gewisse "Rücklaufquote" ist auch normal.
Ich frage mich nur in einigen der letzten Fälle: wäre die Entscheidung GEGEN den Hund auch gefallen, wenn es sich um einen 1000-Euro-Welpen mit Zuchtbuch gehandelt hätte....?

Warum gibt man so schnell auf?
Was erwarten Übernehmer?
Was wäre für Euch ein Grund, dass Euer Hund (egal, nach welcher Zeit) wieder gehen muss?
Was wäre eine Alternative zum Weitermachen, und wie könnte die LBH dabei helfen (außer einer Verbindung zum Hundetrainer herzustellen, das wurde im neuesten Fall seitens des Halters aber nicht gewünscht)?

Im Moment ist wieder einer unser kürzlich vermittelten Hunde dabei, aus seiner scheinbaren Sicherheit möglichst schnell auszuziehen, er hat geschnappt/gebissen, genau weiß ich das noch nicht.
Jedenfalls ist es ein Hund, der diesen Stempel erst mal wieder loswerden muss, ungeachtet der möglichen Umstände, die zu den Differenzen geführt haben mögen.

Es kommt bei fast allen Tierbesitzern (auch frischgebackene Eltern kennen das Gefühl) der Augenblick, wo einem schwant, dass dies nicht ganz das ist, was wir erwartet haben.
Der Enthusiasmus verflüchtigt sich. Enttäuschung, Überforderung, Wut: wieso ist der Hund SO? Wieso muss ausgerechnet ICH dieses PROBLEM von einem Hund kriegen?

Einer der Gründe, wieso wir Bibi in Dauerpflege behalten haben, ist genau der: ich hatte Angst, dass Bibi zurückgegeben wird.
Wir weisen mitunter gebetsmühlenartig auf mögliche bereits erkannbare Probleme eines Hundes hin, weil wir nichts davon halten, Dinge zu verschweigen. Leider werden sie mitunter auch genauso beharrlich ignoriert.
Es gibt, nebenbei bemerkt, eine besondere Spezies zukünftiger bzw. frischgebackener Hundehalter, die beratungsresistent ist: die erfahrenen Hundebesitzer, die, die alles kennen und können und bei jedem gut- und ernstgemeinten Hinweis müde abwinken: das kenn ich, wem sagen sie das! Hundeerfahren heißt aber leider nicht: Beagle-erprobt. Und bedauerlicherweise auch nicht Tierschutz-Beagle-erprobt.
In einem anderen Forum lese ich von Hunden, die noch an der Übergabestelle dem neuen Besitzer wegrennen und direkt vor dem nächsten Bus landen, weil der Neubesitzer es nicht für nötig hielt, den Hund wie vorgesehen zu sichern und sich einfach nicht VORSTELLEN konnte, das so etwas passieren kann.

Ich entschuldige mich bei allen, denen ich hiermit Unrecht getan habe. Und hoffe zugleich, dass ihr viele, viele eigene Erfahrungen beisteuert, Zweifel, Ängste, Schwierigkeiten....und Positives auch!

Marion
Ich schreibe Bücher, oft geht es darin um Beagle :-) Bitte abonniert meinen Newsletter und folgt mir bei Amazon! www.meganmcgary.com
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Shary antwortete auf Aw: WANTED: GEDULD !!

10 Mai 2013 19:38
#2
Danke Marion

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*Anja* antwortete auf Aw: WANTED: GEDULD !!

10 Mai 2013 19:56
#3
Danke für dieses Thema und genau die passenden Worte dafür. Denn genau diese fehlen mir oft, wenn ich erfahre oder miterlebe, wie die Erwartungen an den Labori von diesem nicht erfüllt werden und die Menschen ungeduldig werden.
Vor kurzem wurde ich auf der Strasse von einem Ehepaar angesprochen, dass auch so einen niedlichen Beagle haben wollte, wie meine. Sie suchten ja schon soooo lange nach einem wirklich kleinen Beagle. Ich erzählte von der LBH und sie waren begeistert. Sie möchten also so einen kleinen Beagle und würden ihn dann abholen, wenn wir ihn stubenrein gemacht hätten. Ich habe ihnen geraten, sich einen stubenreinen (mit Garantie darauf!!!) Welpen bei einem Züchter zu kaufen, alles andere hat keinen Zweck.

Meine Miss Jones ist auch nach einem Jahr immer noch sehr ängstlich. Ihre enorme Ängstlichkeit zeichnete sich schon früh ab und auch das war ein Grund für mich, sie zu behalten. Selbst als Teammitglied der LBH hole mir immer wieder mal Unterstützung bei einer erfahrenen Hundetrainerin, die auch ein Buch über Laborbeagle geschrieben hat. An dieser Stelle ein dickes DANKESCHÖN an Silke Vizthum ( www.alleshund.de ), die mir in manchen Situationen schon enorm geholfen hat.

Letztenendes ist Geduld und Liebe sowie das Fehlen JEGLICHER Erwartung an den Hund Voraussetzung für die Übernahem eines Laboris. Alles andere kann erlernt werden.

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Kathi antwortete auf Aw: WANTED: GEDULD !!

10 Mai 2013 21:05
#4
Danke Marion, Du hast hier in Worte gefasst was vielen von uns immer wieder durch den Kopf geht.
Ich denke es ist in unserer Gesellschaft begründet ... wir schmeißen weg, was nicht funktioniert ....
Gerade heute nachmittag habe ich mit den Besitzern unserer letzten Pflegehündin telefoniert - sie sind ganz anders, als die Übernehmer die Du beschrieben hast. Und ich war einfach dankbar ... Bonnie kann dort nicht allein bleiben (" ach Frau Feldmeyer, das macht nichts ... wir haben ja Zeit ... das lernt sie noch..."), Bonnie erledigt ihre Geschäfte auch gerne mal im Haus - ihre Familie bleibt gelassen :) .
Diese lieben Menschen gibt es auch ... das tut so gut !

Du fragst was für uns ein Grund wäre einen Hund abzugeben ?
Ich möchte mir keinen vorstellen ... es müßte schon verdammt viel passieren.
Ich gebe ja meine Kinder oder meinen Mann auch nicht wieder her, wenn sie hier mal was dreckig machen ....

Klar, sind die Pflegies alle unterschiedlich ... aber ich habe die Erfahrung gemacht, je weniger ich von dem Hund erwarte, desto schneller ist er da.
Und ich kann mich über die lustigen Hunde genauso freuen, wie über die, die erstmal Sofahunde sind .... irgendwann wedeln sie und tauen auf, sie fassen erstes vertrauen und genießen die streichelnde Hand.
Mit agressiven Hunden habe ich keine Erfahrungen und ich stelle mich auch nicht in die erste Reihe und schreie "hier" , wegen der Kinder.
Nicht nur wegen meinen Kindern, sondern weil hier auch regelmäßig Kinder zu Besuch kommen - für die kann ich die Hände nicht in´s Feuer legen. Schließlich geht es bei solchen Hunden meistens darum gewisse Regeln einzuhalten.

Ich höre an dieser Stelle auf, es kommt nämlich ständig irgendein Kind und stellt irgendwelche Fragen - und jedesmal verliere ich meinen Faden ... :evil: ... aber ich gebe sie deswegen nicht ab ....
Viele Grüße,
Kathi

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Bibi antwortete auf Aw: WANTED: GEDULD !!

10 Mai 2013 21:27
#5
Ich mache mir vorher grundlegende gedanken über jede erdenkliche situation und ob ich dafür bereit bin. wenn ein tier zu mir kommt darf es so lange bleiben wie es will. gibt es probleme helfe ich ihm sie zu lösen. dazu gehörte bei pablo ewigkeiten dreimal am tag in den wald zum gassi zu fahren weil es überall woanders zu laut war und er nicht laufen wolltd vor angst. dazu gehört jetzt auch beim chouky seine aggressionsattacken gegenüber angsteinflößenden menschen in den griff zu bekommen. niemals wollte ich einen angstaggressiven hund, erstrecht nicht so einen großen (chouky ist ein grand anglo francais). trotzdem bleibt er und wir arbeiten daran. was ändert es für den hund wenn ich ihn weg gebe? hilft es ihm? wollte ich nicht einen tierschutzhund um ihm zu helfen? ich kann dieses verhalten mancher menschen nicht nachvollziehen. es bedeutet in der regel viel geduld und arbeit, aber das weiß man vorher und es zahlt sich aus!!!

niemals würde ich einen der beiden abgeben, egal was passiert

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moromaxe antwortete auf Aw: WANTED: GEDULD !!

10 Mai 2013 21:36
#6
Danke, Marion!

Das mußte mal auf den Tisch.

Ich hasse diese weichgespülten "Gutmenschen", die sichan "so einem armen Wesen" profilieren wollen und dann ratzfatz überfordert sind. Und natürlich haben sie Ihr Bestes gegeben. Aber wo nicht viel ist, ist es auch mit dem Besten nicht weit her. Und weil es bequemer ist, wird entsorgt. Ausdruck unsrer verdammten Müllgesellschaft!

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