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Veröffentlichung: 11. Oktober 2006

von Wencke Löwer

Jagdtrieb und was er im Alltag mit dem Hund bedeutet

Der Beagle ist ursprünglich ein auf die Hasenjagd gezüchteter Jagdhund, der in der Meute ohne den Menschen jagt. Deshalb gilt er oft als stur und wenig lernbereit. Aber er ist aufgrund seiner Veranlagung nun mal kein Bordercollie oder Schäferhund der dem Menschen gefallen will.
Auch wenn viele ehemalige Laborhunde wenig bis keinen Jagdtrieb zeigen, gibt es immer wieder Hunde, die einen Jagdtrieb haben.

In Vermittlungsgesprächen weisen wir immer darauf hin, dass Beagle Jagdhunde sind. Oft bekommen wir in verschiedenen Versionen die Antwort „Ja, ich weiß das und kann damit umgehen“ oder „ Jagdhunde? Das wusste ich überhaupt nicht“. Wir machen darauf aufmerksam, dass der Hund im schlimmsten Fall eine Leben lang nicht ohne Leine laufen kann, obwohl man Freilauf trainiert. Man sollte sich ernsthaft die Frage stellen ob man damit umgehen kann. Denn Abgewöhnen oder Austreiben kann man dem Hund den Jagdtrieb nicht.

Ich selbst habe in meinem Erstgespräch mit dem ersten Satz geantwortet.  Heute weiß ich, dass ich das „Problem“ Jagdtrieb“ völlig unterschätzt habe.
Meine Hündin Lilly kam mit 6 Monaten zu mir. Eine aufgeweckte junge Dame, die nur Blödsinn im Kopf hatte. Natürlich bin ich recht zügig mit ihr in die Hundeschule, ließ sie nie frei laufen usw.

Im Alter von etwa 10 Monaten, war es soweit. Ich war mit Lilly auf der üblichen Runde, als sie plötzlich eine extreme Körperspannung bekam, die Nase am Boden und durchstartete. Ich rief wie verrückt wurde, aber von ihrem sehr eindrucksvollen Spurlaut übertönt. Glücklicherweise hatte ich Lilly an einer 15m Schleppleine und sie wurde rasch gebremst. Mein Herz ist mir in die Hose gerutscht und ich wusste nicht was das jetzt genau war. Ein solches Verhalten kannte ich von keinem Hund und ich bin mit Hunden aufgewachsen. Ich tat die Situation mit jugendlichem Übermut ab und dachte nicht mehr daran.

sichtjaeger Etwa ein Jahr später wiegte ich mich in Sicherheit, Lilly gehorchte inzwischen so gut, dass ich sie mit Schleppleine dran, frei laufen ließ. Lilly stöberte in einer ungemähten Wiese nach Mäusen (so dachte ich zumindest). Plötzlich sprang ein Reh auf und Lilly startete durch, mit Spurlaut und Ohren auf Durchzug. Zum Glück ist ihr Spurlaut so deutlich, dass ich sie recht schnell einfangen konnte. Sie war nicht ansprechbar, voll Adrenalin und reagierte nicht im Geringsten auf Schimpfen oder Kommandos. Sie war noch etwa eine Stunde in diesem „Glückszustand“, in den Hunde bei der Jagd fallen. Das war Lillys erster Jagdausflug und sollte nicht ihr letzter sein, trotz hartem Unterordnungstraining und viel Aufmerksamkeit meinerseits ist sie mir bisher 3 mal entwischt. Lilly ist Sicht- und Spurjäger. Wenn es ihr gefällt, nimmt sie auch mal die Spur eines Hundes, der vor uns gelaufen ist, auf und startet los.

spurensucher Sie hat bis heute noch nie ein Tier geriessen oder einholen können. Aber es ist den Wildtieren gegenüber absolut nicht zumutbar! Zudem kann der Hund sich verletzten, den Rückweg nicht finden oder gar von einem Jäger abgeschossen werden. Viele Beaglebesitzer, deren Hunde Jagdtrieb haben, stehen Stunden im Feld, in der Hoffnung, das Tier kommt wieder.
Wenn der Hund jagt,  fällt er in einen Zustand, den man mit extremen Glücksgefühl gleichsetzten kann. Er bekommt eine Tunnelblick und nimmt nichts außer dem Wild oder der Spur wahr. Man kann es vielleicht auch mit einem Drogenrausch vergleichen.

Man unterscheidet Sicht- und Spurjäger.

Sichtjäger entdecken Wild, fixieren ihren Blick und starten darauf hin die Verfolgung. Der Reiz ist die Bewegung des Wilds. Der aufmerksame Hundebesitzer  hat im Idealfall das Wild zuvor gesehen und den Hund an die Leine genommen. Im negativen Fall ist der Hund weg.

Spurjägern kann man nur durch extreme Aufmerksamkeit dazwischen kommen. Das bedeutet, man ist in der Sekunde am Hund, in der er Spur aufnimmt.

Doch wie sieht es aus, wenn der Hund eine Spur hat? Das erste Anzeichen ist ein vermehrtes Schnüffeln und starkes Ausatmen, die Nase bleibt am Boden. Der Rücken wird fest und angespannt, die Rute wird steif in Richtung Himmel gehalten. Manche Hunde laufen aufgeregt mehrmals über eine Stelle um die Spurrichtung zu finden.

Was kann man tun?

Beobachten sie ihren Hund genau.
Schnüffelt er beim Spaziergang viel? Lässt er sich nicht gut ansprechen, wenn er schnüfflet?  Findet der Hund  schnell versteckte Leckerli, wenn er sie sucht? Wie reagiert er, wenn Vögel vor ihm auffliegen? Läuft er  hinterher oder ist es ihm egal?

All diese Dinge können ein Anzeichen für Jagdtrieb sein. Mancher Hund zeigt jedoch nichts, bevor ihn das erste Mal das Jagdfieber überkommt.

Wenn der Hund Jagdtendenzen zeigt, macht es Sinn, über ein Anti-Jagd- Training nachzudenken. Hier wird dem Hund nicht das Jagen abgewöhnt, sondern das Verhalten umgelenkt und Ihnen vermittelt, wie Sie in diesen Situationen reagieren können.

Text/Copyright: Wencke Löwer

 

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