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Veröffentlichung: 11. Oktober 2006

Grundsätzlich können wir sicherlich kein Patentrezept liefern, welches hundertprozentig garantiert, dass jeder Laborhund in ein paar Stunden in jeden denkbaren Haushalt integriert werden kann, sofort alle Befehle versteht und natürlich auf Knopfdruck reagiert. Wer das erwartet, sollte hier aufhören, weiter zu lesen und am besten ganz auf einen Beagle verzichten.

Wir können aber sehr wohl Erfahrungen weiter geben, die geholfen haben, den Neuankömmlingen ihr Einleben zu erleichtern. Diese Erfahrungen erheben keinen Anspruch auf Perfektion, sondern werden ständig überprüft und erweitert. Für Anregungen sind wir dankbar.

Erfahrung I: Gib dem Laborbeagle Zeit und Ruhe!

Für den Laborbeagle bedeutet der plötzliche Umzug vom Labor in den Haushalt in etwa dasselbe, als würde man uns im Schlaf entführen und wir würden am nächsten Tag aufwachen in einem fremden Erdteil oder auf einem fremden Planeten mit fremden Lebewesen, einer fremden Kultur mit anderen Regeln und Normen, einer unbekannten Sprache und einer unbekannten Umwelt mit fremden Gerüchen, Geräuschen und Bildern.

So wie wir Menschen reagieren auch die Laborbeagle unterschiedlich auf die Veränderung: Die extrovertierten und selbstbewussten Hunde marschieren los und erkunden neugierig ihre Umgebung, die ängstlichen Hunde reagieren vorsichtig und scheu.

Generell gilt: Der Hund bestimmt das Tempo der Kontaktaufnahme ! Je nach individuell ausgeprägter Stressresistenz wird sich auch die Zeit der Annäherung von Hund zu Hund unterscheiden.

Ungünstig zum schnellen Aufbau einer guten Beziehung von Menschen und Laborhund ist aber sicherlich folgende Situation: Ein verängstigter Hund zieht ein und wird sofort von möglichst vielen Erwachsenen und kreischenden Kindern lautstark begrüßt und begrapscht. Genauso ungünstig ist es, wenn während der Anfangszeit lautstarke Feste stattfinden, die den Hund nachhaltig verängstigen.

Am besten fährt man wohl mit der Strategie, den Hund kommen zu lassen und negatives, sprich überängstliches Verhalten nicht durch übertriebene Aufmerksamkeit zu belohnen und damit zu verstärken, sondern im Gegenteil zu ignorieren, sich so zu verhalten, als wäre alles normal (was es ja auch ist), im Gegenzug positives Verhalten, sprich Annäherung mit sanfter Stimme zu loben und damit zu verstärken. Vertrauen Sie der Natur: Der Beagle wird kommen! Er ist ein Meutehund und kann nicht anders: Er will dazugehören, traut sich nur noch nicht. Und das braucht Zeit. Also: Geduldig und gelassen bleiben !

Ein Hinweis noch: Zeit und Ruhe geben heißt nicht, den Laborhund lange allein zu lassen. Gerade in der ersten Zeit sollte der Hund einen Ansprechpartner im Haus haben, der ihm die Gewöhnung an die neue Lebenssituation erleichtert.

Erfahrung II: Unsicherheit lässt sich reduziern!

Ein Laborbeagle, der in eine neue Umgebung kommt, befindet sich in einem Konflikt: Einerseits möchte er dazugehören, andererseits fehlt ihm die Erfahrung, ob und wem man trauen kann. Dieser Widerspruch macht unsicher und in unterschiedlicher Ausprägung vorsichtig und ängstlich. Ziel muss also sein, Unsicherheit abzubauen, Sicherheit aufzubauen und Vertrauen zu schaffen und so die Eingewöhnung zu erleichtern und zu beschleunigen. Vertrauen entsteht durch positive Erfahrungen. Folgende Maßnahmen erleichtern nach unserer Erfahrung dem Laborhund das Einleben:

  • Schlaf bei deinem Hund!

    Soll bedeuten: Eine Möglichkeit, dem Hund Gelegenheit zu geben, sich dem/den neuen Menschen zu nähern, ist, die erste Nacht oder die ersten drei Nächte bei dem Hund zu verbringen. Das bedeutet nicht, direkt neben dem Hund zu nächtigen, sondern, im selben Raum zu schlafen. Ein schlafender, ruhender Mensch ist für den ängstlichen Hund bei weitem nicht so bedrohlich wie ein wacher, aktiver, sich bewegender Mensch. Und er bietet die Möglichkeit, sich an den neuen, eigentümlichen Geruch dieses Menschen zu gewöhnen, damit vertraut zu werden. Gleichzeitig macht der Hund die Erfahrung, einen Lebensraum mit dem Menschen zu teilen, ohne dass ihm etwas Negatives widerfährt. Und nicht zuletzt hat das ruhige Atmen während des Schlafens vielleicht auch für den Hund etwas Beruhigendes.

  • Beruhige deinen Hund in seiner Sprache!

    Hunde benutzen bestimmte körpersprachliche Signale, um potentiell konfliktgeladene und stressreiche Situationen zu entschärfen, die Situation und sich selbst und ihre jeweiligen Partner zu entspannen und so die friedliche Kontaktaufnahme zu erleichtern.

    Diese sogenannten Beschwichtigungssignale sind beispielsweise
  • Vermeiden eines frontalen Körperkontaktes, Schlagen eines Bogens bei der Annäherung
  • Körper wegdrehen, sich umdrehen, Flanke oder Hinterteil zuwenden
  • Vermeiden direkten Anstarrens, Blickkontakt abbrechen, Blick abwenden, zur Seite gucken, den Blick verkürzen, die Lider senken, auf den Boden gucken, hastiges Blinzeln
  • Kopf abwenden und zur Seite drehen
  • (wechselseitiges) Beschnüffeln von Kopf und Hals
  • (wechselseitige) Geruchskontrolle am Hinterteil
  • hastig über die eigene Schnauze lecken
  • demonstrativ auf den Boden legen
  • demonstratives und wiederholtes Gähnen
  • am Boden schnüffeln
  • einen kleinen Stock ins Maul nehmen und damit herum laufen
  • generell: langsame Bewegungen statt schnelle
  • Spielaufforderung: Vorderkörper tief und vor dem anderen Hund abwechselnd nach links und nach rechts hüpfen
  • Welpenverhalten, z.B. von unten kommend mit der eigenen Schnauze die Schnauze des anderen Hundes anstoßen


Kopieren Sie diese Signale, auch wenn man Sie für ein wenig verrückt hält ! Wir haben es oft genug erlebt, dass wir neben einem Pflegehund gesessen haben (nachdem wir uns vorher im Bogen genähert hatten, ohne dem Hund in die Augen zu gucken), der vor Angst starr und eingefroren war. Als wir begannen, dem Hund die Seite oder den Rücken zugewendet, demonstrativ zu gähnen, wurde der Hund ruhiger. Als wir anfingen, vorsichtig den Hals und Kopf des ängstlichen Hundes zu beschnüffeln, und anschließend unseren Kopf und Hals abwendeten und dem Hund darboten, fing dieser nach einiger Zeit an, Kontakt aufzunehmen und uns zu beschnüffeln.
Stellen Sie sich einfach einen Moment lang vor, Sie selbst wären in einem fremden Land fern der Heimat. Bekommt es nicht auch für uns eine besondere Bedeutung, wenn wir dort plötzlich in unserer Heimatsprache angesprochen werden ? Denken Sie mal darüber nach.

  • Vermeide bedrohliches Verhalten!

    Bedrohlich ist für einen Hund ein Mensch, der frontal auf ihn zugeht, den Hund anstarrt, sich aufrecht stehend über den Hund beugt und dessen Hand sich oben kommend dem Kopf des Hundes nähert, wobei der Mensch auch noch in einem lauten und harten Tonfall Worte von sich gibt.
    Also bei ängstlichen Hunden: im Bogen nähern, Blick abwenden, in die Hocke gehen, die Hand von unten kommend dem Hund zum Beschnüffeln anbieten, erst dann seitlich am Kopf streicheln oder unter der Schnauze kraulen.
    Und noch eine Erfahrung: Manche Laborbeagle, die öfter eingefangen werden mussten, haben eine Abneigung gegen die „Fanghand“, d.h. sie lassen sich häufig leichter und lieber mit der linken Hand füttern, anfassen und streicheln als mit der rechten. Probieren Sie aus, ob auch Ihr Hund eine solche Bevorzugung einer bestimmten Hand hat.

  • Schaffe sichere Strukturen!

    Sichere Strukturen schaffen bedeutet zum einen, feste Zeiten zu schaffen, und zum zweiten, sichere Rückzugsorte für den Hund zu schaffen.'
    Der Laborbeagle gewinnt Sicherheit, wenn er die Erfahrung macht, dass er immer relativ zur selben Tageszeit sein Futter bekommt und immer zur selben Zeit die Spaziergänge gemacht werden.
    Viele Hunde suchen sich bereits kurz nach dem Einzug ihren sicheren Platz. Das kann das Körbchen sein, das kann das Sofa oder das Bett sein, aber auch ein Platz unter dem Sofa oder unter einem Schrank oder Tisch. Dieser Platz kann ein Platz sein, der vom neuen Besitzer akzeptiert wird, aber auch ein Platz, der gegen vorab festgelegte Regeln des Halters verstößt. Für einen Beagle gilt die Regel: Einmal verboten ist einmal verboten, einmal erlaubt ist immer erlaubt ! Das bedeutet, entweder Sie akzeptieren den Platz als zukünftigen Ruheplatz des Hundes oder Sie halten den Hund konsequent davon ab, z.B. das Bett zu benutzen. Um gerade in der Anfangszeit die noch brüchige Beziehung zum Hund nicht allzu sehr zu belasten, sollte die Zurückweisung generell körpersprachlich, z.B. durch Zurückdrängen mit dem Knie, oder verbal, z.B. durch ein klares „Nein !“, so sanft wie möglich und nicht brutal oder brachial erfolgen.

  • Schaffe Anreize zur Erkundung!

    Um dem Hund die Erforschung seiner neuen Lebenswelt zu erleichtern, können Sie auch Leckerlies in der Wohnung verteilen, die der Hund dann suchen kann. Dabei lernt er spielerisch die Wohnung oder das Haus kennen.
    Dies setzt voraus, dass kein zweiter Hund vorhanden ist, der dem Neuankömmling das Futter klaut, bevor der es entdeckt hat, und der dabei dick und rund wird. Eventuell provoziert man dann auch Konflikte durch Futterneid. Wenn Sie dies befürchten, am besten getrennt füttern.
    Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihr Laborbeagle anfänglich keine Leckerlies nimmt. Viele Hunde kennen aus dem Labor keine Leckerlies oder kennen speziell diese Sorte von Belohnungen nicht. Fast alle werden aber über kurz oder lang Leckerlies zu schätzen lernen (manchmal mehr als Ihnen lieb ist).

Erfahrung III: Keine Panik bei Nahrungsverweigerung!

Genau wie bei uns Menschen kann eine drastische Veränderung der Lebensumstände auch dem Hund vorübergehend auf den Magen schlagen.

Einige Hunde reagieren darauf mit vorübergehender Nahrungsverweigerung. Keine Panik, der Hund wird nicht gleich verhungern und fängt bald wieder zu fressen an. Bedenklicher als das Verweigern des Fressens ist die Weigerung zu trinken. Spätestens am dritten Tag sollte dem Hund mit einer Pipette oder einer Spritze ohne Nadel vorsichtig Wasser zugeführt werden. Um feststellen zu können, ob der Hund trinkt, sollten Sie sich merken, wie viel Wasser Sie in den bereit gestellten Napf gefüllt haben, und den Napf täglich kontrollieren.

Erfahrung IV: Geduldig sein bei der Stubenreinheit!

Je nach den Haltungsbedingungen im Labor und der dort genossenen Erziehung sind die Laborhunde stubenrein oder nicht. Die meisten sind es anfangs nicht, lernen es aber relativ zügig. Wie bei kleinen Kindern geht bei dem einen die Sauberkeitserziehung schneller, bei dem anderen langsamer, letztlich lernen es aber alle.
Gerade kurz nach dem Einzug kann es durch die Umstellung des Futters kurzzeitig zu Durchfall kommen. Das gibt sich aber schnell.
Gegenmaßnahmen sind die Gewöhnung an feste Essenszeiten und feste Zeiten für die regelmäßigen Spaziergänge. Außerdem wenig Futterwechsel, z.B. ständiger Wechsel zwischen Trocken – und Nassfutter. Eine Erleichterung ist auch ein unkomplizierter Zugang zum umzäunten Garten durch eine Hundeklappe (der Umgang damit muss manchmal trainiert werden).

Erfahrung V: Bewegung anfänglich nicht übertreiben!

Diese Regel gilt ausdrücklich nur für die Eingewöhnungszeit !
Im Normalfall sind die Laborbeagle sehr bewegungsfreudig und konditionsstark und brauchen mindestens 2 Stunden Bewegung am Tag. Aber je nach Haltungsbedingungen muss die Kondition erst einmal aufgebaut werden. Also führen Sie den Hund je nach Alter und körperlichem Zustand langsam an die hohen Leistungen heran. Gehen Sie zunächst kleinere Strecken und steigern Sie dann allmählich die Tagesleistung.
Ein zweiter Grund für diese Regel ist die Tatsache, dass fast alle Laborhunde bei ihrer Entlassung noch sehr zarte Haut unter den Sohlen haben. Erst durch die Spaziergänge, insbesondere auf Bürgersteig und Asphalt, bildet sich eine Hornhaut, die den Hund vor Schäden schützt.

Erfahrung VI: Keine Spaziergänge ohne gründliche Sicherung!

doppelsicherungGerade in der ersten Zeit nach der Entlassung aus dem Labor kann der Beagle durch seinen mangelnden Umgang mit der Umwelt draußen und seine noch fehlende Bindung an den Menschen in Lebensgefahr geraten, wenn er weg läuft. Abschuss durch Jäger, Tod durch Überfahren auf Straßen oder Bahnlinien oder schlichtweg Verhungern sind nur einige traurige Erfahrungen, die wir im Laufe der Jahre machen mussten.
Also: den Garten gegen Überspringen oder Untergraben der Zäune sichern, beim Spaziergang mit Geschirr und Halsband sichern. Bitte benutzen Sie in der ersten Zeit keine Flexi-Leinen, da der Griff sehr schnell aus der Hand rutschen kann, wenn der Hund los prescht. Eine gut erhaltene Leder- oder Stoffleine sollte gut ums Handgelenk gewickelt werden. Geben Sie in der ersten Zeit auch keinem Kind die Leine in die Hand.
Aufpassen, wenn die Haustür oder die Autotür geöffnet wird. Eventuell die ersten Spaziergänge im umzäunten Gelände durchführen. Außerdem das Geschirr mit Telefonnummer und Adresse des Halters und mit Tasso – Marke versehen.
Text/Copyright: Iris Alberts

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