Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

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Töpi - ein Ungar ohne Gulasch wurde erstellt von Charles

09 Sep. 2020 19:06
#1
Ich greife gerne den mir aus dem Forum freundlicherweise gemachten Hinweis auf, daß man für seinen eigenen Laborbeagle auch ein Tagebuch anlegen kann. Zum einen möchte ich damit für interessierte Leser den Werdegang eines Laborbeagles in Freiheit dokumentieren und gleichzeitig mir selbst eine Erinnerung an die Entwicklung meines Hundes schaffen.

Am Anfang erlaube ich mir den Blick zurück auf die Anfänge meines Laborbeagleprojektes.

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Charles antwortete auf Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

09 Sep. 2020 19:20 - 10 Sep. 2020 09:11
#2
Ursprünglich suchte ich für meinen zehnjährigen Beagle Sam einen Weggefährten, da Sam es liebte, mit jüngeren Hunden zu spielen. Sam hatte ich im September 2018 aus dem Tierheim Mainz übernommen. Nach Ostern 2020 zeigte er unerwartete Schmerzen. Ein Ultraschallbild zeigte, daß seine Nieren - trotz guter Werte - regelrecht in Fetzen hingen. Es handelte sich um eine besondere Form des Nierenkrebs, bei der man keinen Tumor ausmachen kann, sondern bei der sich die Nieren regelrecht auflösen. Ein Röntgenbild ließ dann noch Metastasen in der Lunge erkennen. Als Sam am 10.5.2020 weder fressen, trinken noch sich fortbewegen konnte, war die Stunde des Abschieds gekommen. Jeder Beaglefreund hier im Forum wird wissen, wie man dabei fühlt.

Anstelle eines Zweithundes suchte ich nunmehr einen Ersthund und Nachfolger. Allerdings sollte er keinesfalls ein bloßes Abbild meines Beagles Sam werden. Sam war mit schlanken 22 kg ein großer Beaglerüde, der absolut selbstsicher, souverän und geradezu unerschrocken auftrat. Sein Fell war weitgehend weiß mit einigen schwarzen und braunen Flecken, und aus seinem Haarverlust hätte man täglich einen Teppich weben können, ohne daß das Fellkleid weniger wurde. Schmusen war nicht seine Sache und wenn ich nicht seinem Weg folgte, war dies aus seiner Sicht mein Problem, denn er folgte stets neuen Spuren von Eßbarem. Sein Nachfolger sollte sich erkennbar unterscheiden. So fiel meine Entscheidung für einen Laborbeagle.

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Letzte Änderung: 10 Sep. 2020 09:11 von Hermann.

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JOY antwortete auf Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

10 Sep. 2020 08:59 - 10 Sep. 2020 09:00
#3
Wir freuen uns über Töpis eigenes Tagebuch (hat er sein Gulasch in Ungarn vergessen oder mag er keines 🤔?).

Auch mich hat vor Jahren ein Beagle aus dem Tierschutz zum Beaglefan gemacht. Wie du musste ich mich viel zu schnell von ihm verabschieden (Milztumor).

Das Kontrastprogramm Sam - Töpi scheint ja erstmal vorhanden zu sein. Aber warten wir mal ab, wie sich Töpi entwickelt. Dank seines Tagebuchs können wir das ja nun mitverfolgen.
Aus dem schönen Rheinland liebe Grüße von dem Beagletrio Charly & Snoopy & Jacko mit Frauchen Johanna

Viele kleine Leute in vielen kleinen Orten, die viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern. (Afrikanisches Sprichwort)
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Charles antwortete auf Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

10 Sep. 2020 12:16
#4
Der Entscheidung ging aber zunächst ein ausführlicher Prozeß der Suche voraus. Mit Erstaunen mußte ich feststellen, daß es keineswegs einfach war, überhaupt einen Hund aus dem Tierschutz zu erhalten. Mein erster Anlaufpunkt war die Internetseite Beagle in Not. Meine Anfragen zu Anzeigen dort blieben jedoch über Wochen unbeantwortet und die Antwort erfolgt dann zu spät. Auf etliche Anfragen bei anderen Vereinen gab es gar keine Rückmeldung. Verwundert stellte ich fest, daß auch dann, wenn ich manches Tierheim per Telefon und Email um Auskunft zu einem Tier bat, weder Rückruf noch sonstige Antwort erfolgten, obwohl wegen Corona ausdrücklich genau um die Kontaktaufnahme per Telefon und Email gebeten worden war. Auch wenn ich es wiederholt versuchte oder mehrere telefonische Rückrufbitten hinterließ - Rückmeldungen gab es keine.

Den Höhepunkt stellte ein Anruf von mir beim Eifelhof Frankenau dar (den Fall muß ich einfach namentlich nennen). Ich wagte es, zu einem dortigen Beagle nähere Frage zu stellen, u. a. auch nach der Stubenreinheit. Als Antwort wurde ich in scharfem Ton gemaßregelt, daß ich offenbar nicht wisse, daß man bei Tieren aus dem Tierschutz keine genauen Angaben und schon gar nicht zur Stubenreinheit machen könne und daß "Leute wie ich" besser gleich zum Züchter gehen sollten, wenn man derart hohe Ansprüche stellen würde. Ich habe dann höflich darauf hingewiesen, daß die Frage zu Eigenschaften eines Hundes keineswegs bedeuten, daß man solche Eigenschaften auch als gegeben voraussetzt, sondern daß man sich lediglich einen Überblick über den Hund selbst verschaffen wolle; aus meiner Sicht eine Grundvoraussetzung für jede sinnvolle Vermittlung. Die Dame am anderen Ende der Leitung sah sich aber aufgrund ihrer Arbeit für einen Tierschutzverein offenbar in der Position der moralischen Überlegenheit, aus der Sie das Recht ableitete, weiterhin in unverschämter und maßregelnder Weise mit mir sprechen zu können. Ich habe das Gespräch dann als sinnlos abgebrochen. Einige Zeit später wurde dieses Tierheim dann im WDR bei der Sendung "Tiere suchen ein Zuhause" vorgestellt. Bei dem Personal wundert es nicht, daß man dort Vermittlungshilfe benötigt.

Letztlich führten derlei Probleme aber dazu, daß ich beim Verein Grenzenloses Hundeglück landete und dort sofort und sehr nett beraten wurde. Der Verein unterstützt die Beaglehilfe Szeged in Ungarn und dort waren am 25.2.2020 insgesamt 26 Beagle aus einer behördlichen Schließung eines Versuchslabors angekommen. Am 6.3.2020 kamen dann noch zwei Nachzügler - der eine von Ihnen war Töpi.

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Charles antwortete auf Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

10 Sep. 2020 18:37
#5
Töpi wiegt 10 kg, hat eine weitgehend schwarze Felldecke, zeigt beim geringsten Geräusch geradezu Panik, verliert fast keine Haare und ist die größte Schmusebacke unter der Sonne - mehr Gegensatz zu meinem vormaligen Beagle Sam kann man sich kaum denken. Kurzum: Er ist perfekt!

Geboren am 6.5.2016 hatte er sein ganzes Leben offenbar nur unter Laborbedingungen verbracht und kannte von der Außenwelt offenbar nichts. Bei der Beaglehilfe Szeged wurde er von den Betreibern Kati und Robert sehr liebevoll aufgenommen, obwohl diese mit plötzlich 28 zusätzlichen Beaglen in Zusammenwirken mit den coronabedingten Vermittlungsproblemen unerwartet eine besonders schwierige Aufgabe zu bewältigen hatten. Man kann nur bewundern, mit wieviel eigenen Entbehrungen die Beagle dort gepflegt und umsorgt werden. Und es ist ein Trost, daß es auch dort, wo es Hunde vermeintlich besonders schwer haben, eben solche Tierfreunde gibt.

Töpi konnte dort jedenfalls im großen Rudel erste Schritte in seine neue Freiheit machen, wobei genau diese Rudelatmosphäre auch besonders hilfreich gewesen sein dürfte. Er wurde jedenfalls als geradezu voller Energie, Tempo und etwas Dominanz gegenüber seinen Mitbeaglen beschrieben.

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Charles antwortete auf Töpi - ein Ungar ohne Gulasch

11 Sep. 2020 00:44
#6
Am 28.7.2020 hieß es für Töpi jedenfalls Abschied nehmen von Szeged und von seinen Laborbeaglefreunden, soweit diese nicht bereits vermittelt worden waren. Bei Kati und Robert liefen auch einige Tränen, denn für Sie sind ihre Beagle wie eigene Kinder. Nach langer Fahrt kam Töpi dann am 1.8.2020 um 9 Uhr morgens in Mainz an. Voller Spannung hatte ich schon auf das Klingeln des Tiertransportunternehmens gewartet und spähte in den Transporter hinein - mehrere Hunde schauten neugierig aus ihren Boxen heraus, nur von einem Beagle keine Spur.

Töpi hatte sich in den hintersten Winkel seiner Box gedrückt. Von dort wurde er in meine Arme gegeben. Auf den Boden gesetzt, suchte er sofort Unterschlupf unter dem nächsten Strauch. Dort verharrte er zunächst mindesten eine halbe Stunde, bis ich ihn dazu bringen konnte, sich in Richtung Haus zu bewegen. Hektisch und orientierungslos lief er an meiner Leine hin und her, erledigte noch alle seine Geschäfte, um mir dann meterweise und panisch umherschauend ins Haus zu folgen.

Töpi fand sich jetzt in einer Situation wieder, in der er nicht nur von den Reizen der Außenwelt völlig überfordert war - ihm war auch das einzig Vertraute abhanden gekommen: das Leben im Rudel, das er mutmaßlich auch im Labor und dann erst recht in der Beaglehilfe gewohnt war. Obendrauf noch die Anreise in dem zwar sauberen und klimatisierten Transporter, dessen Geräusche und Ausstattung Töpi aber völlig fremd waren - zum Alptraum des Labors dürfte noch das Trauma der Reise gekommen sein.

Kein Neuanfang nach Maß.

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