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Pipi ist keine Name...

Haben Sie schon einmal über ihr Verhältnis zu Urin nachgedacht? Wenn nicht, tun Sie es jetzt. Tun Sie es auf jeden Fall, BEVOR Sie sich entscheiden, einem Hund aus dem Labor ein Zuhause zu geben.

Wir haben es nie verschwiegen und wir wiederholen uns gerne:
Laborhunde sind NICHT STUBENREIN, wenn sie aus dem Labor entlassen werden. Wir können Ihnen auch keine ernsthafte Prognose geben, wie lange es dauern wird, bis der Hund sich zuverlässig außerhalb der Wohnung löst. Einige Hunde schaffen es in wenigen Tagen, andere brauchen Monate.

Wenn es mal etwas länger dauert, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass Sie etwas falsch machen. Manchmal braucht es Geduld.

Sie finden das alles selbstverständlich und fragen sich, warum das das Thema der Kolumne ist? Für Sie ist das kein Problem, weil Sie überall Fliesen und/oder Laminat haben? Gut, das hören wir gerne.

Was aber macht Sie sicher, dass Sie Ihre Meinung nicht ändern, wenn der Hund auch 4 Wochen nach dem Einzug während des einstündigen Spaziergangs tapfer einhält, um danach Ihre Küche zu fluten?

Oder, wenn er, besonders heimtückisch und ausschließlich in der Absicht, Sie mit diesem „Protestpinkeln“ zu terrorisieren, nicht den Fliesenboden, sondern sein Körbchen zur Toilette umfunktioniert? Oder, noch schlimmer, Ihr Sofa???

Wie lange sind Sie bereit, kommentarlos zu wischen und zu waschen? Wann platzt Ihnen der Kragen und was passiert dann?

Die einzelnen Eskalationsstufen könnten so aussehen:

Nach 4 Wochen:


Sie betreten einen Raum und bekommen nasse Socken. Der Hund liegt in seinem Körbchen und sie sind sicher, dass er Sie schuldbewusst ansieht. Sie grummeln: „Oh nein, nicht schon wieder“, nehmen die Küchenrolle, entsorgen das Malheur, gehen zum Hund und halten ihm in erstem Tonfall einen wortreichen Vortrag über Stubenreinheit.

Nach 6 Wochen:

Sie wollen Ihren Hund in flagranti erwischen und liegen auf der Lauer. 2 Stunden lang passiert nichts. Der Hund schaut unschuldig aus der Wäsche. Dann gehen Sie kurz zur Toilette. Kaum 2 Minuten später ist es passiert: die Pipilache verteilt sich gleichmäßig über Ihre Fliesen, der Hund ist weit und breit nicht zu sehen. Sie haben soeben 2 Stunden Zeit in den Sand gesetzt, sind stocksauer, begeben sich auf die Suche nach Hund, finden ihn und brüllen ihn an. Ihr Hund entfernt sich im Rückwärtsgang und schleicht in sein Körbchen. Sie gehen wischen.

Nach 8 Wochen:

Das Pipi-Thema beherrscht Sie voll und ganz. Sie wachen morgens mit dem Gedanken an Pfützen auf und schlafen abends damit ein. Sie haben das Gefühl, der Hersteller der Küchenrollen hätte ohne Ihre unfreiwillige Unterstützung längst Konkurs anmelden müssen. Sie sind nicht länger bereit, das hinzunehmen. Es gibt Momente, in denen Sie sich eingestehen, dass Sie den Hund nicht mehr mögen. Sie verstehen nicht, warum er es Ihnen so schwer macht und keine Spur Mitleid aufbringt, wenn Sie auf Knien hinter ihm herwischen. Das ist ja nicht Ihr erster Hund! Bei allen anderen ging es schneller und besser. Sie erinnern sich daran, dass die Hunde Ihrer frühen Kindheit zu Erziehungszwecken mit der Nase in ihren Urin gesteckt wurden. Natürlich wissen Sie, dass die Methode überholt ist und die Hunde Ihrer Kindheit nicht WEGEN, sondern TROTZ derartiger Maßnahmen irgendwann sauber waren. Aber haben Sie eine andere Wahl? Sie vergessen all Ihre Vorbehalte und machen es beim nächsten Mal genau so. –
Es überrascht Sie nicht wirklich, dass der gewünschte Erfolg ausbleibt. Sie sind verzweifelt.

Sie haben nun die Möglichkeit, den Hund abholen zu lassen. Das hat den ein oder anderen Vorteil. Der Ammoniak-Geruch aus ihrer Wohnung verschwindet, Sie haben im Supermarkt Platz im Einkaufswagen, der nicht mehr mit Großpackungen Küchenrolle gefüllt ist, Sie sparen Geld, Zeit und vor allem Nerven. Ganz weit hinten im Kopf bleibt vielleicht das unangenehme Gefühl, gescheitert zu sein, aber Sie werden diese unerfreuliche Episode vergessen und sich in einem hygienisch einwandfreien Umfeld wieder den schönen Dingen des Lebens zuwenden.

Vielleicht gelingt es Ihnen aber auch, Ihre Urin-Fixierung zu überwinden, den Hund als ein Wesen zu begreifen, das noch lernt und zu erkennen, dass er schon so Vieles gelernt hat. Vielleicht können Sie dann wieder Pfützen beseitigen, ohne am Sinn des Lebens zu zweifeln. Und dann, weitere vier Wochen später, stellen Sie verwundert fest, dass es schon fünf Tage her ist, dass Ihr Hund zuletzt ins Haus gepinkelt hat. Sie haben gelernt, zu erkennen, wenn er mal raus muss. Nein, er bringt Ihnen noch immer nicht die Leine und sitzt auch nicht demonstrativ vor der Tür, aber er wird unruhig und stupst Sie mit der Nase an. Sie sind mächtig stolz auf Ihren Hund und auf sich. Es ist vollbracht.

Wir wünschen Ihnen einen entspannten Umgang mit dem Urin-Thema!

Text/Copyright: Iris Alberts

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